Mißbraucht die Hunsrücker Zeitung Ihr Pressemonopol?

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Absender:

Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn
Kleinich, 16. September 1993

An den
Deutschen Presserat
z.Hd. Herrn Wieske
Thomas-Mann-Straße 54

53111 Bonn


Sehr geehrter Herr Wieske,

in Ergänzung unserer Eingabe vom 3. Juni 1993 und unseres Schreibens vom 28. Juni schicken wir Ihnen anbei einen Kommentar zum Thema "Nachtflughafen Hahn", wie er am Mittwoch dem 15. September in der HUNSRÜCKER ZEITUNG, dem Lokalteil der RHEIN ZEITUNG, erschienen ist.

Der Grund für unsere erneute Eingabe: Dieser Kommentar wurde von dem namentlich zeichnenden Redakteur, Herrn Schlickmann, mit dem Wissen veröffentlicht, daß Gegner des "Nachtflughafen Hahn" am Telefon und mit Briefen bedroht werden und wiederholt Opfer von Sachbeschädigungen wurden. Mittlerweile ist auch der rheinland-pfälzische Landtag mit der Sache befaßt. Eine Abschrift des Drohbriefes ist beigefügt, eine Fotokopie des Originals können wir Ihnen derzeit leider nicht zur Verfügung stellen, da sich dieses zwecks Spurensicherung noch in den Händen der Kriminalpolizei befindet.

Wir halten es für unverantwortlich, ja geradezu kriminell, wenn eine Zeitung ihr faktisch bestehendes Pressemonopol dazu benutzt, um vor diesem Hintergrund die Stimmung bewußt dermaßen anzuheizen. Für die Täter muß dieser Kommentar geradezu eine Aufforderung zu neuen Gewalttaten sein!

Auch hat der Versuch von Herrn Schlickmann, die Gegner des Flughafenprojektes, die auf juristischem Wege dagegen vorgehen, als "Einzelpersonen" darzustellen, System. Dieser Eindruck wird bereits seit der ersten Klage gegen das Projekt gezielt von interessierter Seite versucht in der Öffentlichkeit zu erwecken. Richtig ist hingegen, daß vier Mitglieder der "Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn e.V." im Auftrag dieser gegen das Großprojekt klagen. Drei Mitglieder von "Wohnen und Umwelt im Kirchspiel Kleinich e.V," tun das gleiche namens dieses Vereins. Beide Vereine haben eine große Mitgliederzahl. Weitere Klagen gegen den geplanten Nachtflughafen Hahn wurden durch die von dem Projekt direkt betroffene Gemeinde Kleinich, sowie durch die anerkannten Naturschutzverbünde "BUND" und "NABU" eingereicht. Durch die Legende von den "Einzelpersonen", die auch führende Politiker wie der künftige Vorsitzende der rheinland-pfälzischen SPD Landtagsfraktion, Joachim Mertes, immer wieder in die Öffentlichkeit tragen, soll wohl der Versuch unternommen werden, den Zorn gewaltbereiter Flughafenbefürworter auf in der Öffentlichkeit namentlich bekannte Kläger zu lenken.

Daß die HUNSRÜCKER ZEITUNG das Ergebnis einer unter demographisch äußerst zweifelhafter Methodik durchgeführten Umfrage der Flughafenbefürworter veröffentlicht und Herr Schlickmann in dem monierten Kommentar stark auf dieses abhebt, liegt sicherlich im Bereich der redaktionellen Ermessensfreiheit. Trotzdem spricht dies für sich, da der HUNSRÜCKER ZEITUNG das Ergebnis einer TED-Umfrage des Südwestfunks während einer Fernsehdiskussion zum Thema Nachtflughafen Hahn am 12. Mai dieses Jahres bekannt sein dürfte: etwa 51 % Pro und etwa 49 % Contra Stimmen.

Herrn Schlickmanns rhetorische Frage, "weshalb sie (die Flughafengegner) dem Hunsrück jetzt nicht den Rücken kehren", bedeutet nun allerdings eine qualitative Steigerung dieser Hetzkampagne! Dieses gesamte Machwerk läßt jegliche journalistische Sorgfaltspflicht vermissen und kann im Zusammenhang mit den Ihnen vorliegenden Ausgaben des sogenannten "Flugschreibers", die als Beilage der HUNSRÜCKER ZEITUNG verbreitet wurden, unsererseits nur so kommentiert werden: "Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Die Melodie spielt dabei keine Rolle!" Wir bitten Sie, den monierten Kommentar in das laufende Verfahren aufzunehmen und uns bald einen ersten Zwischenbericht über das Ergebnis Ihrer Prüfung zu erstatten.

Mit freundlichen Grüßen

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