Ob da jemand schlechte Absichten hatte! |
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Absender:
Institut für angewandte Sozialwissenschaft | Bad-Godesberg, den 04.10.1993 |
Betr.: Meinungsumfrage des Herrn Waldemar König
leider komme ich erst heute dazu, auf Ihr Schreiben vom 15. September 1993, das am 20. September 1993 bei uns eingegangen ist, zu antworten.
Ich habe inzwischen den Sachverhalt ausführlich geprüft, auf den ich zwischenzeitlich auch schon von Herrn Schlickmann von der "Hunsrücker Zeitung" angesprochen worden war.
Folgendes möchte ich dazu feststellen:
Meines Wissens kann es niemanden, auch keiner Privatperson, untersagt werden, in eigener Regie eine Meinungsumfrage durchzuführen.
Wir würden allerdings immer davon abraten, daß gerade in einer Streitfrage, wie hier der Umwandlung des Flughafens Hahn, eine der beteiligten Seiten eine Befragung in eigener Regie durchführt; Zweifel an der Objektivität und Glaubwürdigkeit eines solchen Unterfangens sind von vorneherein abzusehen. Empfehlenswert wäre es hingegen, mit einer solchen Erhebung eines der seriösen Meinungsforschungsinstitute zu beauftragen, die über ein erprobtes methodisches Instrumentarium verfügen und zudem den forschungsethischen Richtlinien ihrer Berufsverbände verpflichtet sind.
Es ist nicht zutreffend, daß sich Herr König von infas hat "beraten" lassen und daß von infas "keine Beanstandungen am Vorgehen bei der Telefon-Umfrage" gekommen seien.
Richtig ist vielmehr, daß Herr König zweimal bei einem Mitarbeiter der Abteilung Statistik unseres Instituts angerufen und dabei eher allgemeine Fragen zu Problemen wie Stichprobengrößen, Repräsentativität etc. gestellt hat.
Dabei wurde er darauf hingewiesen, daß eine Auswahl der zu befragenden Personen aus dem Telefonbuch anhand zufällig ausgewählter Anfangsbuchstaben im Hinblick auf die Repräsentativität nicht optimal, aber möglicherweise gerade noch hinzunehmen sei.
Bei der ganz entscheidenden Frage aber nach der Auswahl der Stichprobenpunkte, also der Gemeinden, in denen gefragt werden soll, war von seiten Herrn Königs nicht davon die Rede, daß seinerseits eine Auswahl der Gemeinden ebenfalls nach deren Anfangsbuchstaben beabsichtigt sei.
Wir hätten dieses Verfahren auch nicht gutheißen können. Herr König wurde von unserem Statistiker im Gegenteil unaufgefordert darauf aufmerksam gemacht, daß eine Repräsentativität der Stichprobenbildung gerade in einer solchen Frage auch entscheidend davon abhängt, inwieweit die unterschiedliche Entfernung der Stichprobenpunkte vom Streitobjekt berücksichtigt ist. Dies aber ist mit dem "Auswahlverfahren", wie es in den beigefügten Zeitungsartikeln beschrieben ist, nicht sichergestellt.
Mit diesen Feststellungen möchte ich aber keine Aussage darüber treffen, ob eine methodisch sauber angelegte Repräsentativerhebung ein ähnliches oder ein völlig anderes Ergebnis gezeitigt hätte.
Mit Sicherheit kommt es bei einer solchen Befragung auch auf die Korrektheit der Fragestellung und die Berücksichtigung möglichst aller relevanten Einstellungs- und Motivationsaspekte an. Die Aufgabe von Meinungsbefragungen kann es jedoch nicht sein, Informationsstände in der Bevölkerung zu korrigieren, genausowenig wie sie als Ersatz für eine demokratische Willensbildung benutzt werden sollten.
Ich hoffe, Ihre Fragen erschöpfend beantwortet zu haben, und stehe für Rückfragen aber gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jürgen Hoffmann
(infas Politikforschung)