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Flugblatt 02/92

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Die Bürgerinitiative gegen
den Nachtflughafen Hahn
informiert

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In aller Eile versucht die Landesregierung von Ministerpräsident Scharping (SPD) und Wirtschaftsminister Brüderle (F.D.P.), die Entscheidung für den geplanten Charter- und Frachtflughafen als Folgenutzung des jetzigen Militärflugplatzes Hahn herbeizuführen. Das hat einen Grund: Die Leute sollen nicht die Zeit haben, sich zu informieren und darüber nachzudenken, welche gravierenden Auswirkungen dieser Flughafen für die im Hunsrück lebenden Menschen haben wird. Deswegen wird von den offiziellen Vertretern dieser Nachtflughafen schön geredet, aber alle negativen Auswirkungen werden gezielt verschwiegen. Wir, die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn wollen auf diesem Wege die Informationen, die die Landesregierung zurückhält, an die Hunsrücker Bürger weitergeben. Die Bürgerinitiative besteht nicht aus notorischen Nörglern, die immer gegen alles sind. Wir sind vielmehr "ganz normale" Hunsrücker - von jungen Leuten bis hin zu ganz alten, die alle eines gemeinsam haben: Wir wollen auch in Zukunft noch im Hunsrück leben können.


NIRGENDWO SONST IN WESTEUROPA DURCHSETZBAR: UNEINGESCHRÄNKTE NACHTFLUGERLAUBNIS

Glaubt Ihr wirklich, die Landesregierung wolle uns Hunsrückern mit diesem Flughafen etwas Gutes tun? Dafür sind wir Hunsrücker viel zu wenige und spielen bei Wahlen keine entscheidende Rolle! Überlegt mal, warum ausgerechnet im Hunsrück ein Flughafen mit uneingeschränkter Nachtflugerlaubnis eingerichtet werden soll - etwas, das nirgendwo sonst in ganz Westeuropa bisher bei der Bevölkerung durchsetzbar war! Doch wohl, weil die Hunsrücker bisher alle Belastungen fast widerspruchslos hingenommen haben. Und nun meint man in Mainz, dem noch eins draufsatteln zu können. Den dummen
Hunsrückern, so wohl die Annahme, kann man das, was sonst niemand haben will in der jetzigen Situation mit dem Argument "Arbeitsplätze" leicht aufs Auge drücken. Ware der Landesregierung wirklich etwas am Hunsrück gelegen, dann würde sie das viele Geld, das die Einrichtung eines solchen Nachtflughafens mit seinen nur etwa 200 Arbeitsplätzen kosten wird, für die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgeben, die Menschen und Umwelt nicht in diesem Ausmaße belasten werden!

KÜNFTIG WIRD ES NOCH LAUTER
Früher traten bei Starts, Landungen und Überflügen der Militäriets die Lärmbelastungen meist nur für wenige Sekunden auf. Bei den dicken Transportflugzeugen ist dies anders. Sie benötigen vollgeladen eine Strecke von etwa 15 km für ihren Steigund Landeanflug. Das heißt konkret: Der Hunsrück würde von Emmelshausen bis Morbach mit einem Lärmteppich überzogen. Und das mitten in der Nacht! Wenn man nun noch bedenkt, daß eine Transportmaschine bei einem Start selbst bei Bernkastel erst eine Höhe von etwa 600 Metern über Grund hat, ist klar, daß nicht nur allen Bemühungen zur Ansiedlung von Fremdenverkehr im Hunsrück das Totenglöckchen geläutet wird. Auch die Touristen in weiten Teilen an der Mosel würden vertrieben.

Die Rollbahn auf dem Flugplatz soll auf 4.000 Meter verlängert werden. Geschieht das in Richtung Koblenz, so reicht sie bis fast an die Ortschaft Würrich. Bei Verlängerung in Richtung Morbach käme sie bis etwa an die Abfahrt Lötzbeuren. Die Dörfer Hahn und Würrich würden wegen der hohen Lärmbelastung unbewohnbar!
Überträgt man die Ausdehnung des Rhein-Main-Flughafens einmal auf die geographische Lage des Flugplatzes Hahn, so läge das Dorf Hahn auf dem Vorfeld des Flughafens, dort wo in
Frankfurt die Besucherterasse endet. Lautzenhausen befände sich auf dem militärischen Teil der Rhein-Main-Airbase in dem Bereich, in dem die Amerikaner ihre Großraumflugzeuge parken. Büchenbeuren würde mitten auf der Startbahn West liegen. Selbst Lötzbeuren und Würrich lägen noch so dicht an der Rollbahn, wie beim Rhein-Main-Flughafen keine Menschen wohnen.
Doch gerade die beabsichtigte Verlängerung der Rollbahn wird verschleiert. So haben sich der Abteilungsleiter Verkehr des rheinlandpfälzischen Wirtschaftsministeriums, Dr. Kuchenbacker, und die Bundestagsabgeordnete Sehn (F.D.P.) aus Kirchberg bei diesem Punkt wiederholt öffentlich in Widersprüche verwickelt.

KOMMUNALE GELDER FÜR DIE RÜSTUNG?
Die Verlängerung der Landebahn paßt gut in die Interessenslage des US-Militärs und hat von daher auch militärische Hintergründe. Denn die USA verlagern ihre Militärpräsens mehr und mehr von Europa in den Nahen Osten. Es ist im Gespräch, daß als Konsequenz aus den Erfahrungen im Golfkrieg eine Raketenabwehr zum Schutze Israels aufgebaut werden soll. Das Militärmaterial kann aber noch nicht direkt von USA aus mit Großraumflugzeugen im Nahen Osten angelandet werden, weil dafür dort die Infrastruktur und Logistik fehlt. Deswegen wird der Hahn mit einer 4.000 Meter langen Rollbahn benötigt, um die Flugzeuge mit dem Kriegsgerat aus den USA landen zu lassen und das Material von hier mit kleineren Flugzeugen an den jeweiligen Bestimmungsort zu fliegen. Dadurch wird der Flugplatz Hahn wie schon während des Gofgkriegs zu einem herausragenden Objekt für Anschläge aus der arabischen Welt. Die Frankfurter Fachzeitschrift "JVW International" hat zudem in einer Studie ermittelt, daß die Zahl der zivilen

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Flugbewegungen auf deutschen Flughöfen bis zum Jahr 2010 drastisch zurückgehen wird. Der Luftverkehrsexperte Hans-Georg Ungefug, Verfasser dieser Studie, hat errechnet, daß infolge der Verlagerung des Flugverkehrs auf die europäischen Eisenbahnschnellstrecken bis zu 70 Prozent weniger Flüge zu erwarten sind. Bis zum Jahr 2005 werden in Europa 30.000 km Eisenbahn-Schnellstrecke fertiggestellt sein, die Flüge bis 600 km Entfernung überflüsig machen, da die Gesamtreisezeit mit dem Flugzeug dann nicht mehr kürzer ist als die Bahnfahrt und außerdem die Flugpreise höher sein werden als die Kosten bei Bahntransport. Zudem werden heute schon Frachtgüter größtenteils in Passagiermaschinen mittransportiert- wenn es sich um zivile Ware handelt.

ÖKOLOGISCHE KATASTROPHE UND WIRTSCHAFTSPOLITISCHER UNSINN
Würde dieser Nachtflughafen tatsächlich errichtet, so wäre dies eine ökologische Katastrophe für den Hunsrück. Wald müßte gerodet werden, weil die B 50 und eventuell auch die Hunsrückhöhenstraße vierspurig ausgebaut werden sollen und zudem eine neue Verbindungsspange zwischen der B 41 und der B 327/ B 50 im Gespräch ist. Dem Wald, der noch stehen bleiben könnte, würde allerdings durch den Schadstoffausstoß der dicken Transportflugzeuge der Garaus gemacht. Denn seit längerem ist schon wissenschaftlich nachgewiesen, daß im Bereich von Flugplätzen das Waldsterben besonders stark auftritt. Das, was den Wald umbringt ist aber auch nicht unbedingt gesund für die Menschen - insbesondere nicht für kleine Kinder. Es gibt Berechnungen, wonach bei einem einzigen Start eines vollgeladenen Transportflugzeuges soviel Schadstoffe in die Luft geblasen werden, wie von mehreren tausend Autos, die über die Hunsrückhöhenstraße fahren! Da die Flugzeuge oft vor dem Landen das noch vorhandene Flugbenzin ablassen, wird zudem künftig Nacht für Nacht ein Kerosinregen auf den Hunsrück niedergehen.
Auch aus ökonomischer Sicht ist der geplante Nachtflughafen Hahn ein äußerst ungeeignetes Mittel zur Lösung der Strukturprobleme im Hunsrück. Denn damit macht man die gesamte Region wieder wie schon zu Zeiten des US-Militärs von nur einem Großprojekt abhängig. Es ist auch mehr als fraglich, ob der Wirtschaftskraftverlust von angeblich 200 Millionen DM von dem geplanten Nachtflughafen ausgeglichen werden kann. Bereits existierende Regionalflughäfen wie etwa Paderborn-Lippstadt beweisen das Gegenteil: Er wird mit einem jährlichen Millionenverlust betrieben, obwohl er in einer wirtschaftlich ausgesprochen starken Region liegt.


STUDENTEN UND WISSENSCHAFLER IN DIE LEEREN WOHNUNGEN
Eine Alternative zum Nachtflughafen wäre die Ansiedlung einer Hochschule im Hunsrück. Dadurch könnten zum einen auf den frei werdenden Militäranlagen Forschungsinstitute entstehen und zum anderen könnten die Wohnungen, die bisher an US-Soldaten vermietet waren, künftig von Studenten bewohnt werden. In den Universitäts-und Hochschulstädten herrscht akuter Raummangel. Studenten müssen zum Teil in Zelten hausen und auch Vorlesungen finden in Großraumzelten statt. Dabei gibt es allein in der Verbandsgemeinde Kirchberg etwa 1050 Wohnungen in den Housings und etwa 1350 private Wohnungen, die durch den Abzug des US-Milltörs frei werden. Die Gebäude der drei Schulen auf dem Flugplatz Hahn sind in einem hervorragendem Zustand und boten einst etwa 1500 US-Schülern Platz. Übrigens: Die Universität Mainz ist einer der größten zivilen Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz und nur ein kleiner Teil der bei ihr Beschöftigten sind Professoren und Wissenschaftler. Eine Hochschule auf dem Hahn würde also auch für "Nichtstudierte" eine Menge Arbeit mit in den Hunsrück bringen.

ARBEITSPLÄTZE OHNE NACHTFLUGLÄRM
Zu forschen gäbe es viel im Hunsrück: Da die technische Nutzung der Windenergie von jeher im Bereich des jetzigen Flugplatzes praktiziert wurde und die Hunsrücker Luft zudem relativ sauber ist, könnte auf dem Flugplatz Hahn ein "Alternativer Energiepark" zur Nutzung und Erforschung der Wind- und Solarenergie entstehen. Auf dem Gebiet der nachwachsenden Rohstoffe gibt es interessante Forschungsprolekte, mit denen sich neue Perspektiven für die Hunsrücker Landwirtschaft eröffnen.

Da der jetzige Flugplatz Hahn im Prinzip eine nicht genehmigte Sondermülldeponie mit einer Landebahn drauf ist, muß das vergiftete Erdreich sowieso erst einmal entseucht werden . Deswegen gibt es die Idee, dies mit neuester Technologie unter Verwendung von Mikroorganismen zu tun und das ganze Projekt ebenfalls von einer Hochschule für Umweittechnik wissenschaftlich begleiten zu lassen. Das dabei gewonnene know-how könnte dann später als Dienstleistung in einem Technologiezentrum auf dem Hahn landesweit angeboten werden. Denn verseuchtes Erdreich gibt es in Rheinland-Pfalz leider mehr als genug!
Die Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn fordert die Landesregierung auf, ihre Plane im Interesse der unmittelbar betroffenen Bürger aufzugeben und statt dessen bereits in der Diskussion befindliche menschen- und umweltvertragliche Konzepte zur Schaffung von Arbeitsplatzen auf dem Hunsrück zu verwirklichen. Denn wir Hunsrücker wollen nicht langer immer nur die Lasten und den Dreck der Gesellschaft abhaben. Deshalb sind wir auch nicht bereit, nach dem Abzug des US-Militörs die Pest militärischer Tiefflug gegen die Cholera ziviler Nachtflug einzutauschen.
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