Ob sich die Hessische Allgemeine Zeitung traut, diesen Leserbrief zu drucken?

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Wir nehmen Bezug auf Ihren Artikel: Freude im Hunsrück. "Der Hahn" fliegt vom Mittwoch, 8. September 1999, in dem Sie die Situation am Flughafen Hahn sehr einseitig aus der Sicht der Flughafenbetreiber darstellen und im übrigen unsere Bürgerinitiative mit Ihrem letzten Satz, wir zitieren: "Eine Bürgerinitiative, die zuweilen gegen Nachtflüge demonstriert, soll acht Mitglieder haben, sagt man im Flughafen" , ins Lächerliche ziehen - ohne daß Sie sich die Mühe gemacht hätten , mit uns Kontakt aufzunehmen.
Wir bitten Sie daher um Richtigstellung.

Zunächst einmal zu uns selbst: Wir sind als eingetragener Verein organisiert und haben natürlich mehr als acht Mitglieder. Wie sonst hätten wir im Vorfeld der ganzen Diskussionen um den Flugplatzausbau, dem damaligen Wirtschaftsminister des Landes Rheinland-pfalz, Herrn Brüderle 1992 eine Liste mit beinahe 10.000 Unterschriften gegen einen uneingeschränkten Nachtflugbetrieb überreichen können. Im Anhörungsverfahren 1994 sind auf unsere Initiative hin über 55.000 Einwendungen gegen den Flughafen bei der Bezirksregierung in Koblenz eingegangen. Wie sollte man das mit nur acht Personen bewerkstelligen? Die ebenfalls erwähnten 250 Mitglieder der "größten deutschen Bürgerinitiative für einen Flughafen" haben im gleichen Zeitraum gerade mal eine Handvoll Schilder mit der Aufschrift "Der Hahn muß fliegen" aufgestellt.

Wir haben, vertreten durch fünf unmittelbar betroffene Anwohner, vor dem OVG in Koblenz eine Verwaltungsrechtsklage durchgezogen, die die Kläger und damit uns ca. 80,000.-DM kostete, in der wir die Gutachten der Flughafenbetreiber soweit zerpflückten, daß die Richter einen eigenen Gutachter bestellten. Im Verlauf dieses Verfahrens haben wir den für deutsche Flughäfen bis dahin einmaligen Standard einer Lärmbeschränkung von 55 dB(A) im Rauminneren (Einzelschallereignis), in Schlafräumen von sogar nur 52dB(A) erreichen können !

Soweit die glorreichen "Acht"

Erlauben Sie uns ein paar Ausführungen zu der anscheinend so positiven Entwicklung des Hahn. Die Zahlen, mit denen so eindrucksvoll der Aufschwung belegt wird, sind Flughafenstatistik. Man findet dort jedoch bspw. keinen Hinweis darauf, wieviel Arbeitsplätze aus nur zehn Stunden/Woche, 15 oder 20 Stunden/Woche bestehen; ob man nur CD's in Hüllen steckt oder wie qualifiziert man sonst arbeitet, bleibt ebenso unklar, Es liegt auch auf der Hand, daß viele Arbeitsplätze auf dem Hahn mit Flughafen und Flugbetrieb nichts zu tun haben, wie die von Ihnen zitierte Hahn-Plastik, Computer-Schulung und andere. Das Land hat bspw. einfach die Landespolizeischule von Koblenz auf den Hahn verlegt. Welch ein flughafenbedingter Aufschwung!

Passagiere schließlich muß man nur oft genug zählen: Transitpassagiere beispielsweise, die bei einer Zwischenlandung in Hahn aus dem Flugzeug aussteigen und später wieder einsteigen müssen, zählen als zwei Passagiere, haben aber mit dem eigentlichen Passagieraufkommen überhaupt nichts zu tun. Und Luftfracht ? Hahn liegt im Frachtaufkommer bundesweit schon an vierter Stelle (das Gros kommt und geht übrigens per LKW über die Straße). Da erinnern wir uns doch daran, daß die Landesregierung vollmundig verkündet hatte, wenn man nur 10 % des Frachtaufkommens des Frankfurter Flughafens hätte, (und die hat man jetzt!) dann hätte man 6000 Arbeitsplätze auf dem Hahn. In Ihrer Statistik standen nur 760.

Der Flugbetrieb? Natürlich starten und landen auf dem Hahn Flugzeuge. Neben ein paar wenigen moderneren auch Uraltkisten aus den GUS-Staaten, bei denen man wohl kaum das Attribut "leise" verwenden kann. Wenn man dann um 2, 3 oder 4 Uhr nachts von einem solchen Fluggerät geweckt wird, kann man sich damit trösten, daß dies bei zunehmendem Flugverkehr ja regelmäßig der Fall sein wird und man sich dann daran gewöhnt. Oder man macht sich klar, daß im Rauminneren des Schlafzimmers ja nur 52 dB(A) auftreten dürfen, die einen ganz sicherlich nicht wecken.

Der Hauptanteil des Flugbetriebs aber besteht darin , daß Flugunternehmen wie die LTU, AeroLloyd, Deutsche SA und andere hier Ausbildlungs - und sog. "Inübunghaltung"-Flüge absolvieren, Denn drehen Flugzeuge über Stunden oder auch schon mal den ganzen Tag Platzrunden, überfliegen die Flugplatzumgebung alle zwei bis drei Minuten in niedrigster Höhe, setzen zur Landung an und starten sofort wieder durch (Touch and Go) und hinterlassen nichts als Lärm und Dreck. Das poliert natürlich die Statistik der Fiugbewegungszahlen enorm auf, schafft aber überhaupt keinen Arbeitsplatz.

Hahn also als Flugplatz für anderenorts unerwünschte Verkehre? Wir schreiben diese Zeilen an einem der letzten schönen Spätsommer-Sonntage. Eigentlich wollten wir unseren Nachmittagskaffee im Garten einnehmen, aber eine schon mehrere Stunden kreisende Maschine der LTU hat uns vertrieben. Eigentlich ist das Sonntags verboten! Aber nur eigentlich.

Anbetracht unserer Erfahrungen kann man den Anwohnern von Kassel-Calden nur alles Gute für die Zukunft wünschen.

Die Umsetzung der Lärmschutzauflagen zieht sich im übrigen. Zu Deutsch : Es passiert nicht viel. Die Landesregierung versteht ihre Aussagen plötzlich anders als während des Gerichtsverfahrens. Die Richter möchten dazu hinterher nichts mehr sagen, da sie "nur Urteile fällen, aber nicht interpretieren".
In Mainz weiß man genau, daß wir die Kosten für eine erneute Verwaltungsklage mit der wir unser Recht durchsetzen könnten, nicht so schnell werden aufbringen können - auch nicht mit mehr als 8 Mitgliedern, und handelt entsprechend.

Wir bitten Sie, fairerweise unseren Brief in Ihrer Zeitung abzudrucken, um uns damit die Möglichkeit einer Gegendarstellung zu geben.

(Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn v. 24.09.1999)

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