Der Hahn muß fliegen!
Koste es, was es wolle!

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Massiv gestiegene Passagier, Fracht und Flugbewegungszahlen meldet der Flugplatz Hahn für das 1. Quartal 2000. So sind alleine 425 Prozent mehr Fluggäste und 280 Prozent mehr Luftfracht befördert worden, die Flugbewegungszahlen um 40 Prozent gestiegen.

Dazu fällt einem sofort die fast tägliche großflächige Werbung in der Lokalpresse ein. Dort werden bspw. Hin und Rück-Flüge nach London (England) oft für 10,00 DM verhökert. Billiger geht's nur noch von London nach Hahn. Hier waren die Flüge zeitweise sogar kostenlos.

Wer glaubt, daß Luftfracht immer durch die Luft transportiert wird, irrt. Bei der vom Flugplatz Hahn gemeldeten Luftfracht handelt es sich überwiegend um Lkw-Fracht der Air-France, die auf dem Flugplatz Hahn lediglich ihre Paletten umlädt. Trotzdem fließt dieser Straßengüterverkehr in die "Luftfrachtstatistik" des Flugplatz Hahn ein, und das wahrscheinlich sogar doppelt (Eingangs/Ausgangsfracht. Daß eine türkische Airline wie die MNG mit kostenlosem Frachttransfer per Lkw von und zum Hahn wirbt, ist ebenfalls bezeichnend. Wie erzählt wird, erhalten Carrier, vorzugsweise aus der GUS, die wegen ihres hohen Lärms an anderen Flugplätzen Lärmzuschläge zahlen müßten, am Flugplatz Hahn sogar Preisnachlässe.

Auch die Steigerung der Flugbewegungszahlen verdient einige Anmerkungen. Nichtanrainer des Flugplatzes Hahn rätseln, wie es kommt, daß renommierte Fluggesellschaften wie die LTU, AeroLloyd, DHL und Federal Expreß im 3-Minuten-Takt den Flugplatz Hahn anfliegen und trotzdem sowohl im Passagierterminal als auch in den Frachthallen gähnende Leere herrscht. Start- und Landeübungen, oftmals über mehrere Stunden und am Wochenende heißt die Lösung. Schätzungsweise 90 Prozent des Flugbetriebes am Flugplatz Hahn gehen auf das Konto dieser Art von Flugbetrieb. Die Steigerung der Platzrundenflüge um 40 % waren in den Anrainergemeinden unüberhörbar. Der Preis für Platzrundenflüge beläuft sich laut Ex-Geschäftsführer Hartmann auf den Gegenwert für einen "Sack kleiner Kartoffeln".

Bei nüchterner Betrachtung fällt also die Bilanz des Flugplatzes Hahn bescheidener aus. Mit kostenlosen Flüge, kostenlosen Frachttransporten, Flüge nach London für 10,00 DM, Preisnachlässen für Krachmacher, Platzrundenflüge zum Spottpreis und evtl. doppelt gezählter "Luft-Lkw-Fracht" lassen sich vortrefflich die Absatzzahlen gewaltig in die Höhe treiben. Es entsteht der berühmte Freibier-Effekt.

Normalerweise rufen solche Geschäftsaktivitäten nach kurzer Zeit den Konkursverwalter auf den Plan. Der Flugplatz Hahn kann jedoch auf zahlungskräftige Sponsoren wie das Land Rheinland-Pfalz und die Frankfurter Flughafen AG (FAG) bauen. Bei der FAG kann man sicher sein, dass deren Engagement wirtschaftlich begründet ist. Denn Gerüchten zufolge, ist bereits hinter verschlossenen Türen vereinbart, daß die FAG als Gegenleistung für die Genehmigung der vierten Startbahn ca. 120 nächtliche Flugbewegungen von Frankfurt auf den Hahn verlagert.

In diesem Fall brauchen die Absatzzahlen nicht mehr geschönt zu werden. Allerdings steht dann zu befürchten, daß für den Hunsrück die bereits 1992 von der BI beschriebenen "Totenglöckchen" zu läuten beginnen.